Startseite/AG Wolf, Allgemeine Themen, Fachliche Arbeit im LJVSN/Interessenvertretung der Jäger – Wie sehen wir sie? Wie weiter?

Staatliche Jagdpolitik ist grundsätzlicher Bestandteil gesellschaftlicher Gesamtpolitik, auch während einer bedrohlichen Corona-Pandemie. Mit Sicht auf bisher ungelöste und anstehende Probleme der Jagd fordern wir eine wirksamere Eigenverantwortung der Jagdverbände als Basis einer besseren Wahrnehmung der Jagd seitens der Gesellschaft. Staatliche jagdpolitische Entscheidungen werden nach wie vor ohne ausreichende Einbeziehungen der Jägerschaft getroffen und orientieren sich an den fatalerweise zur Meinungsführerschaft gelangten Ansichten von Naturschutzorganisationen, eines heute dominanten, grünen und überzogenen Ökologismus. Damit wird oft nicht die für jeden einzelnen Fall von Naturschutz erforderliche Demarkationslinie gefunden, die eine Notwendigkeit wirtschaftlicher Nutzung und der Einordnung sozialer Belange von der Notwendigkeit der Bewahrung natürlicher Güter trennt. Dieser Politik unterstellt sind Jägerschaft und Jagd schon seit Jahren und in zunehmendem Ausmaß, wie es mit wenigen Beispielen zu belegen ist:

 

1. Mit der Novellierung des Sächsischen Jagdgesetzes 2011 wurden gegen die Interessen der Jäger eingeordnet ihre Alleinverantwortlichkeit für Wildschaden, Abschaffung der Abschussplanung für Rehwild, das Weiterbestehen der Sonderstellung Staatsbetrieb Sachsenforst, erkennbares Prinzip Wald vor Wild. Die dem LJVSN übergebenen kritischen Einwände von Kreisjagdverbänden wurden nicht zur Einflussnahme auf den Prozess der Gesetzgebung genutzt.

 

2. Ausbleibende staatliche Entscheidungen zu den Konflikten der unkontrollierten Wolfsausbreitung und das passive Abducken des LJVSN führte 2013 zur Bildung der Aktionsgruppe Wolf, in der seitdem Jäger von sieben ostsächsischen KJV, gemeinsam mit Vertretern des Bauerverbandes und der AG Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer Wege für ein aktives Management des Wolfes suchen. Die Petition an den Sächsischen Landtag mit 10.000 Unterschriften im Jahre 2014, die Petition an die EU in Brüssel und den Deutschen Bundestag 2015, die Gespräche im Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin waren eigenverantwortliche Maßnahmen der AG Wolf ohne Aktivitäten des LJVSN. In den nunmehr sieben Jahren einer kontinuierlichen Tätigkeit der AG Wolf erfolgten genügend sachlich-kritische Hinweise, Anschreiben, Auseinandersetzungen mit staatlichen Entscheidungsträgern, aber als Reaktion lernten wir nur Ignoranz, Unsachlichkeit und ideologische Besserwisserei kennen, alle Vorschläge zur Problemlösung wurden abgelehnt.

 

3. Auch die Sächsische Wolfsmanagementverordnung von April 2019 ergab keinen grundsätzlich geänderten staatlichen Umgang mit dem Beutegreifer Wolf. Trotz der vom LJVSN an das Ministerium eingereichten Standpunkte und Forderungen bleibt diese Verordnung für die Betroffenen der Wolfsbesiedlung die weiter unbeantwortete Frage, wann gelingt es gewählten Volksvertretungen, Entscheidungen im Interesse dieser Menschen und auch gegen die ideologischen Widerstände einer Wolfslobby und ihrer Verbände zu treffen.

 

4. Mit dem 2.Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 04.03.2020 sollte mehr Rechtssicherheit im Umgang mit dem Wolf erzielt werden, indem die Ausnahmefälle zur Tötung eines Wolfes definiert und das Verfahren mit Wolf-Hund-Hybriden geklärt wird. Als Voraussetzung dafür ist aber eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung der zuständigen Behörde vorgeschaltet, der Wolf bleibt weiterhin eine streng geschützte Art. Erneut ergibt sich also kein substanzieller Beitrag zu einer Konfliktminderung. Bezeichnenderweise lehnte die Bundesregierung einen Vorschlag des Bundesrates zum Gesetzentwurf für einen jährlichen Bericht über den Gesamtwolfsbestand in Deutschland ab mit der Begründung, das Monitoring der Bundesländer sei nicht auf die Ermittlung eines Gesamtbestandes Wolf ausgelegt. Vielmehr solle aus den Parametern Population und Verbreitung eine jährliche partielle Abschätzung des Zustandes des Wolfsbestandes erfolgen. Besser kann man die betriebene Wolfspolitik nicht demaskieren – man installierte mit Bedacht für das Wolfsmonitoring ab dem Jahre 2000 eine Methode, die das rapide Anwachsen des Wolfsbestandes nicht erkennbar und manipulierbar machte. So gesehen ist es nicht verwunderlich, wenn sich das Bundesamt für Naturschutz erlauben kann, in einer Meldung an die IUCN den aktuellen Bestand des Raubtieres Wolf in Deutschland mit 133 Wölfen zu beziffern. Das Senckenberg-Institut meldete Anfang 2020 einen Bestand von etwa 1000 deutschen Wölfen, die aktuell geschätzte Wolfszahl liegt bei 1500 – 2000. Zu erkennen ist der verlorene Überblick über den Wolfsbestand und die offizielle Kapitulation im politischen Wolfsmanagement.

 

5. Im momentan vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft vorgelegten Referentenentwurf zur Novellierung des Bundesjagdgeseztes wird ein eindeutig auf Wald und Forst bezogenes Bundesgesetz erkennbar. Die Hauptschuldigen für den kranken Wald und die Probleme des Waldumbaues sind das Reh und das Rotwild, gefolgt von den Jägern, die zu wenig Schalenwild abschießen.

 

6. Mit dem Hinweis auf die im Mai 2020 erschienene neue Studie des Bundesamtes für Naturschutz „Habitatmodellierung und Abschätzung der potentiellen Anzahl von Wolfsterritorien in Deutschland“ belassen wir die weitere Darstellung staatlich verordneter jagdpolitischer Etikettenmit einem als Flaggschiff des Naturschutzes missbrauchten Wolf, eines langjährigen Denkmusters des Artenschutzes besonders wohlhabender Gesellschaften mit starken urbanen Lobbyisten. Mit der Studie werden die für das Wolfsmanagement zuständigen Behörden und Institutionen aufgefordert, vorausschauend Anpassungen ihrer Maßnahmen vorzunehmen. Für das dargestellte Potential von 700 -1400 Wolfsterritorien in Deutschland besteht lt. Studie lediglich die Aufgabe der Forderung und Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen zur Sicherung der Weidetiere vor Wolfsangriffen. Sonst bestehen keine Probleme!

 

Was haben die 350.000 Jagdausübenden Deutschlands, was haben sächsische Jäger dieser Situation, der erkennbaren weiteren Entwicklung und dem latenten Niedergang der Jagd zu entgegnen?

 

Das Bewusstsein der Bedrohtheit sollte uns allen das Gefühl der Gemeinsamkeit, zumindest der notwendigen Aufgaben, geben. Die Bedrohung der Jagd formt die Notwendigkeit, sich zur Wehr zu setzen oder sich anzupassen. Wenn die gemeinsame Aufgabe der Jäger in allen Ländern heute im Schutz der Natur, des Lebensraumes des Wildes und im Schutz der Jagd selbst besteht, so zeigt uns die Realität, die eingeschränkte gesellschaftliche Wertschätzung der Jagd resultiert aus einem viel Zuwenig sich zur Wehr zu setzen und aus einem Zuviel an praktizierter Anpassung. Es ist eine schon über Jahre erkennbare und wirkende Situation, beginnend im Deutschen Jagdverband über die Landesjagdverbände, bis zu den Kreisjagdverbänden und Hegeringen. Ein jahrzehntelanger, duldsamer, die Auseinandersetzungen vermeidender Arbeitsstiel und das Verschlafen eines Aufbegehrens gegen die schleichende Erosion der Jagd sind die Ursachen dieser Entwicklung. Es genügt einfach nicht, wenn sich Jäger nur gegenseitig versichern, dass auch das Wild seinen angemessenen Lebensraum im Wald behalten muss, wie es ebenso nicht genügt, dass sich nur ostsächsische Jäger vehement gegen den falschen Artenschutz des Wolfes und den Verlust der Biodiversität äußern. Es ist so nicht gelungen, naturentfremdete Politiker ausreichend mit geeigneten Argumenten zu erreichen. Warum haben wir keinen DJV, der die „Waldstrategie 2050“ in der jetzigen Form ablehnt und verhindert und damit der im Deutschen Jagdgesetz geforderten Verantwortung für den Schutz von Wild und der Verbesserung seiner Lebensgrundlage gerecht wird?

 

Es führt hin bis zur Frage, sind dort die richtigen, geeigneten Akteure tätig? Gibt es in den Strukturen des Jagdwesens (Staatsforst, Verbände) Verantwortliche mit zu ausgeprägter Kritik-und Veränderungsresistenz, Bessergestellte, die sich abschotten zur Sicherung ihrer Karrieremöglichkeiten, Ideologie und Parteipolitik vor Fachkompetenz stellen? Oder fehlt es nur am Willen und dem Problemverständnis? Das ist zu klären, um für die Jägerschaft eine dringend notwendige offensivere Interessenvertretung auf Bundesebene und differenziert auf Länderebene zu gewährleisten.

 

Der DJV ist auch als eine von 36 nationalen Jagdvereinigungen Mitglied der internationalen, nicht-gewinnorientierten Nichtregierungsorganisation FACE , die die Interessen von 7 Mill. Jägern in Europa seit ihrer Gründung 1977 vertritt. FACE veröffentlichte im September 2020 das „Positionspapier zu Wölfen in Europa“. Darin wird gefordert, die Mitgliedstaaten müssen in der Lage sein, Wölfe aktiv so zu bewirtschaften, dass die Erhaltung von Wildtieren, der Weidewirtschaft und anderer Landnutzungsaktivitäten, einschließlich der Jagd und Wildbewirtschaftung, möglich sind. Von einem Versuch des DJV, diese Forderungen in die öffentliche politische Diskussion einzubringen, ist nichts zu spüren. Warum kann man nicht damit eine gemeinsame Presseerklärung aller Landesjagdverbände Deutschlands organisieren und so die Öffentlichkeit mobilisieren? Unverständlich ist für uns auch das Ausbleiben von Schlussfolgerungen des DJV und der LJV für die eigene Öffentlichkeitsarbeit aus aktuellen wissenschaftlichen Veröffentlichungen. So versammelte die Internationale Tagung der Gesellschaft für Wildtier-und Jagdforschung 2019 in Halberstadt mit dem Thema „Der Wolf in Europa-Utopie und Wirklichkeit“ Referenten und Gäste aus 12 Ländern Europas und Nordamerikas. Die AG Wolf des LJVSN vertrat mit ihrem Referatsthema „Gescheitertes Wolfsmanagement-Konfliktsituation Ostsachsen-wie weiter?“ die Auffassungen sächsischer Jäger. Wenn man selbst schon nicht erscheinen will, mit den Ergebnissen der Tagung wäre aber eine intensive und qualifizierte Aufklärungs-und Öffentlichkeitsarbeit des DJV und der LJV möglich und notwendig gewesen. Aber keine Reaktion erfolgte.

 

Wenn der DJV und die Landesjagdverbände ihrer Hauptaufgabe, der Interessenvertretung der Jäger, besser als bisher gerecht werden wollen, sind politische Entscheidungsträger intensiver, klarer, unüberhörbar, sachlich mit entsprechendem Druck und Verhandlungshärte mit den Aufgaben, Zielen und Forderungen der Jägerschaft zu konfrontieren. Deshalb rufen wir heute zu einem neuen, zielorientierten Denken des DJV und in den LJV auf. Die Basisjägerschaften erwarten diesbezügliche Impulse für eine akzeptable Handlungsfähigkeit und Jagdpolitik, vor allem für wesentlich öffentlichkeitswirksamere Aufgaben einer besseren Akzeptanz der Jagd, zur lange schon überfälligen Zusammenarbeit und Geschlossenheit der LJV auch gegen föderale Denkmuster und für eine zukunfts-und tragfähige Jagdkonzeption in Deutschland. Die Corona-Pandemie scheint die Welt lahm zu legen, weckt aus dem Traum alternativloser Technisierung und ewigen Wachstum, zeigt die Wirklichkeit einer unberechenbaren Natur. Diese entstandene Unruhe sollte zum Nachdenken anregen, auch über unsere Jagd und die Verantwortung für die Natur. Deshalb gerade jetzt unser Aufruf, es soll ein Weckruf zur Nutzung aller Möglichkeiten sein, gegebene Verantwortung besser umzusetzen. Wir hoffen und freuen uns auf eine Antwort und die Resonanz seitens des DJV und der LJV der Bundesländer.

 

Statement der Arbeitsgemeinschaft Wolf des LJVSN